![]() Bei der Lektüre (die nur empfohlen werden kann) werden Sie feststellen, daß derzeit 88 unterscheidbare Störungen diagnostizierbar sind, die den scheinbaren Unterschied zwischen "Schlafen" und "Wachen" verwischen können. Die Schlafmediziner beschäftigen sich nicht nur mit den "Schnarchern" (das verbirgt sich - etwas stark vereinfacht - hinter dem Begriff "Apnoe", welcher die bei jedem 10. Schnarcher fest- stellbaren Aussetzer im Atmen und nicht das Schnarchen an sich meint), sondern auch mit der Tages- schläfrigkeit. Der provokative Spruch im Titel ist deshalb nicht nur Provokation: die Wahrscheinlichkeit, daß jeder 20. Surfer vieles nicht mitbekommt, weil er seinen eigenen "Blackout" nicht mitbekommt, ist recht hoch. Die Geschäftsstelle dieser Gesellschaft befindet sich übrigens in Schwalmstadt, verantwortlich ist hier der (ehrenamtliche) Schriftführer der DGSM, Privatdozent Dr. Geert Mayer (Chefarzt der Hephata-Klinik, einer neurologischen Klinik mit akkreditiertem Schlaflabor). Von Schlaf-Wach-Problemem Betroffene sollten allerdings auf das "An-Mailen" verzichten - Sie können weitergehendes Informationsmaterial nur auf dem Postweg unter Beifügung eines DIN A5 Freiumschlages (3DM) anfordern und erhalten dann z.B aktuelle Listen der Selbsthilfegruppen, Anschrift der Schlafmediziner in ihrer Nähe etc.. Die Postanschrift : (Der Bezug des Verfassers zur Thematik, der weder Patient noch Schlafmediziner ist: aus Interesse an der "Sache und den Personen" unterstützt er seit Beginn die Arbeit der Geschäftsstelle in technisch-organisatorischen Belangen - die Vergütung besteht aus guten Gesprächen und frischem Kaffee) ![]() |
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Die Schlafmedizin ist ein junges Fachgebiet. Seit der Entdeckung des REM-Schlafes durch Aserinsky und Kleitmann 1956 ist zunehmend deutlich geworden, daß die Medizin vorwiegend eine "Tagmedizin" ist, von der sich die "Nachtmedizin" unterscheidet. Die Schlafmedizin hat seither eine wissenschaftliche Expansion erlebt, die es uns heute erlaubt, nach einer internationalen Klassifikation der Schlafstörungen (ICSD 1990) 88 verschiedene Schlaf-Wach-Störungen zu diagnostizieren. Inzwischen existieren in Deutschland über 100 akkreditierte Schlaflabore, die in der Lage sind, die Differentialdiagnostik komplett durchzuführen. Die in der Schlafmedizin tätigen Fachleute haben sich 1987 zu einem "Arbeitskreis Schlafmedizin" zusammen- geschlossen aus dem 1992 die "Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin DGSM" hervorging. Seit 1997 hat die DGSM mehr als 1000 aktive Mitglieder. Die Schlafmedizin setzt sich aus vielen Fachgebieten zusammen und verlangt daher auch für ihre Diagnostik und Therapie ein interdisziplinäres Arbeiten. Der Vorstand der DGSM trägt dem Rechnung: er setzt sich aus den verschiedenen Disziplinen zusammen. Innere Medizin, Pneumologie, Neurologie, Psychiatrie und Psychologie sind regelmäßig vertreten. Die aktiven Mitglieder sind in mehreren Arbeitsgruppen und Kommissionen organisiert, die Empfehlungen für technische, diagnostische und therapeutische Standards erarbeiten oder erarbeitet haben. Aufgaben der DGSM Ein Viertel aller Verkehrstoten im Jahr 1991 auf bayrischen Autobahnen war auf Einschlafen am Steuer zurückzuführen. Das ergab eine Studie des HUK-Verbandes. Fachleute sind von diesem Ergebnis nicht überrascht: Zum einen gibt es ähnliche Befunde aus anderen Industrieländern, zum anderen wissen Sie längst, daß Gesundheitsstörungen mit vermehrter Tagesschläfrigkeit verbreiteter sind als allgemein angenommen. Während die Problematik bei Nacht- und Schichtarbeit gelegentlich thematisiert wird, ist über leistungsbeeinträchtigende Übermüdung z.B. bei Steuerungs- und Überwachungstätigkeiten kaum etwas bekannt. Mehr als 10% der Bevölkerung leiden unter Schlaf-Wach-Störungen, die dringend behandlungsbedürftig sind, davon allein 800.000 Schlafapnoe- und 25.000 Narkolepsiepatienten. Nur ein Bruchteil dieser Störungen wird diagnostiziert. Durch Nichterkennen und Nichtbehandeln schwerer Schlafstörungen entstehen aber jährlich indirekte Kosten in Milliardenhöhe, die durch eine angemessene schlafmedi- zinische Versorgung vermieden werden könnten. Ein wesentlicher Kostenfaktor sind vermeidbare Frühberentungen, die mit ca. 300.000,- DM pro Fall zu veranschlagen sind. Die Schlaf-Wach-Störungen erfordern eine spezielle Diagnostik und Therapie, die nur spezialisierte Schlafmedizinische Zentren anbieten können. In den letzten 20 Jahren sind in Deutschland zwar viele solcher Zentren entstanden, die aber dennoch dem Ansturm der Patienten nicht gewachsen sind. Unzumutbare Wartezeiten von einem halben Jahr und mehr sind die Folge. Aus dieser Notsituation heraus haben sich in Deutschland in den letzten Jahren mehrere Selbsthilfegruppen von Schlafkranken gebildet. Im Jahr 1987 haben sich Fachleute, die wissenschaftlich und klinisch in der Schlafmedizin tätig sind, im "Arbeitskreis klinischer Schlafzentren" zusammengeschlossen, aus dem später die "Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin", DGSM hervorgegangen ist. Im Jahre 1984 wurde bereits in der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie die Arbeitsgruppe "Nächtliche Atmungs- und Kreislaufregulationsstörungen" gegründet. Im Verband der "Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften" AWMF, wollen die Gesellschaften die Schlafmedizin wissenschaftlich vertreten und die Umsetzung neuester Erkenntnisse in die Praxis fördern. Damit könnten unter anderem soziale und ökonomische Folgekosten reduziert und gegebenenfalls Katastrophen verhindert werden, die häufig auf schlafmedizinische Probleme zurückzuführen sind. Untersuchungen haben ergeben, daß z.B. Unfälle von Tschernobyl oder bei Hoechst vor allem auf Übermüdung des Steuerungspersonals zurückzuführen waren. T. Penzel, Universität Marburg
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